Der Fehler wird das Design

Das Veränderungsatelier von Lisa D.

Im Veränderungsatelier von Lisa D. kann man Kleidung erweitern, restaurieren und umfunktionieren lassen

Das neue Konzept der Berliner Modemacherin Lisa D. ist so schlicht wie überzeugend, hat es sich doch über Jahrtausende bewährt. Statt kaputte Dinge wegzuwerfen, reparierte sie der Mensch. Auch die einfachsten. Noch in den 80er Jahren gab es hierzulande Feinstopfereien für Damenstrümpfe.

Lisa D. knüpft an eine Tradition an, mit Garn, Wollfilz und guten Stoffen. In den Hackeschen Höfen, wo sie seit 1995 einen Laden für ihre Marke Lisa D. unterhält, hat sie ein Atelier eröffnet, in dem sie mit ihrem Team Altkleider aufbereitet. Kunden bringen Stücke vorbei, die sie flicken oder umgestalten lassen wollen: ein altes Hemd von Vivienne Westwood etwa oder ein graues Businesskostüm. Der Preis berechnet sich nach Aufwand und Material.

„Bis es mir vom Leibe fällt“ heißt das Atelier, ein fast vergessenes Motto. Statt zu reparieren, wirft der westliche Mensch heute fort und kauft neu: Hosen, Hemden, Computer. Er missachtet die Arbeit der Produzenten und verschwendet Rohstoffe. Dem will Lisa D. ausgerechnet mit den Mitteln einer Branche begegnen, die davon lebt, dass jede Saison neue Kleider den Schrank füllen: mit gewagten Schnitten, Mustern und Stoffkombinationen. Auf einem Pullover ranken jetzt genau dort, wo die Mottenlöcher klafften, bunte Filzblumen. Das graue Kostüm bekam roten Stoff eingesetzt, und aus einem Fransenpullover wurde eine Einkaufstasche. „Der Fehler wird das Design“, sagt Lisa D. Ihr Team schneidert vor Ort, der Kunde soll Anregungen fürs Selbermachen erhalten. Deshalb gibt es hier auch Schachteln mit Filznadeln und Wollfilz (25 Euro) zu kaufen, mit dem sich Strickwaren flicken lassen.

Das funktioniert. Die Nadeln mit den winzigen Widerhaken verankern den Filz, Stich für Stich, in den kaputten Maschen. Fingerhüte beugen schmerzhaften Pieksern in Daumen und Zeigefinger vor. In nur einer halben Stunde sind so eine Kinderstrumpfhose, ein Handschuh und zwei Kniestrümpfe geflickt und ein verschossener Pullunder mit einer Blüte aufgehübscht. Dabei dürfen sich die Reparaturstellen durchaus zu erkennen geben: Den roten Strumpfhosenpopo ziert jetzt ein blauer Ball mit gelben Punkten.

Kaltfilzen braucht weniger Zeit als Stopfen und kann besser aussehen. Das Hin und Her mit dem Garn entfällt, diese mühselige Millimeterarbeit, an der Ungeduldige verzweifeln und die eine Flickstelle schnell schlampig aussehen lässt. Stattdessen dienen die schnellen Stiche dem Stressabbau – Filzen entlastet die Seele. Hoffentlich hält es auch.

 

Weitere Informationen: Die Hackeschen Höfe, Hof 4, Rosenthaler Str. 40/41, Mitte, S Hackescher Markt, Tel. 282 90 61, Mo-Sa 11-19.30 Uhr, www.lisad.com